Herausforderungen, Chancen, Trends

Die Digitalisierung erfasst jeden Bereich unserer Lebenswelt und hat in den letzten Jahrzehnten tiefgreifende Veränderungen angeschoben. Auch die Hotellerie bleibt von diesem Phänomen nicht unberührt – im Gegenteil: gerade die Tourismusbranche wurde stark durch die Digitalisierung in Gestalt des E-Commerce beeinflusst. Die Wünsche der Kunden bzw. der Gäste haben sich verändert. Sie sind anspruchsvoller geworden, ihr Kaufverhalten komplexer – verschiedenste Endgeräte werden genutzt, um stets bestens über ein Produkt informiert zu sein. Auch von Ihrem Hotelaufenthalt erwarten Gäste immer mehr. Zudem wurde die Hotelbranche durch die Erfolgsgeschichte disruptiver Geschäftsmodelle wie Airbnb stark unter Druck gesetzt. Gastgeber finden sich dadurch in der Pflicht wieder, Ihren Gästen eine außergewöhnliche Guest Experience zu bieten. (vgl. Mood Media, 2019). Eine große Herausforderung, die ebenso große Chancen schafft.

Mehr als ein Hotelaufenthalt: die Guest Experience

Der Begriff der Guest Experience ist von dem der Customer Experience abgeleitet  – bei dieser geht es darum, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und seine Wünsche und Bedürfnisse bei allen Aktionen und Entscheidungen eines Unternehmens als absoluten Maßstab zu nehmen (vgl. Naujokat, 2016).

Ein Hotelbesuch mag sich zwischen Check-In und Check-Out abspielen – die Guest Experience tut es nicht: vielmehr geht sie viel weiter, umfasst die Gesamtheit aller Berührungspunkte, Gefühle, Emotionen, Gedanken (bewusst und unbewusst), die mit einer Brand jederzeit in Verbindung gebracht werden können, also auch vor oder nach Check-In/-Out. (vgl. Jack/Smith, 2018)

Dabei hat die Zahl der Berührungspunkte in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Während sie früher häufig durch telefonische Buchungs- und Beratungsgespräche sowie den persönlichen Kontakt vor Ort definiert waren, gibt es heute mit Websites, Newslettern und Social Media wesentlich mehr sog. Touchpoints zwischen Gastgeber und Gast (vgl. Naujokat, 2016) – entsprechend wird die Guest Experience umfangreicher. Die zunehmende Digitalisierung der Touchpoints (Online Check-In und Check-Out, Bereitstellung digitaler Gästemappen, Zeitschriften, Sightseeing-Tipps oder die Ermöglichung von Online-Buchungen verschiedener Art) gibt den Gastgebern die Möglichkeit, ständig in engem Kontakt mit den Gästen zu stehen. Zusätzlich zu der Bereitstellung solcher neuer Möglichkeiten, die zu einem möglichst reibungslosen und personalisierten Erleben führen, erwartet der Gast aber nach wie vor hervorragende persönliche Betreuung und Gastfreundschaft (vgl. Reichheld/Goldstein/Murali/Samotny, 2018).

Herausforderung und Chance

Die neue Vielfalt der Touchpoints muss der Dienstleister als Chance sehen und sie für sich nutzen, um das Erlebnis seiner Kunden gewinnbringend gestalten zu können. Am Ende ist es die Gesamtheit aller mit einem entsprechenden Hotel in Verbindung gebrachten Guest Experiences, die dessen Markenimage bzw. den Markenwert bestimmen.

Das Markenimage ist von entscheidender Bedeutung, da es nicht aktiv von den Betreibern kontrolliert werden kann, anders als etwa die die durch Faktoren wie Logos oder Slogans steuerbare Markenidentität. (vgl. Jack/Smith 2018) Ein fundamentaler Faktor ist dabei heutzutage, dass Hotelgäste mehr denn je dazu bereit sind, mit einem entsprechenden Hotel in Verbindung gebracht zu werden. Sie teilen ihr Kundenerlebnis mit anderen, vor allem über das Internet, etwa auf OTAs oder Social Media, wo sie ihre Guest Experience für die gesamte Welt einsehbar kommunizieren.

Für den Gastgeber hat das Ermöglichen nachhaltiger Guest Experiences dadurch höchste Priorität – dies muss als oberste Prämisse von allen Mitarbeitenden verinnerlicht werden sowie sich durchweg in den Gegebenheiten der Unterkunft widerspiegeln. Nur indem positive Guest Experiences geschaffen werden, kann ein entsprechender Markenwert erreicht werden, der es z.B. erlaubt, Preise zu erhöhen, ohne Widerstand bei (potentiellen) Gästen zu erwecken und im Endeffekt dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben.

Individuell statt pauschal

Neuesten Trends zufolge legen Reisende immer mehr Wert auf außergewöhnliche , einzigartige Hotels und ein individualisiertes Erlebnis, das Ihnen ermöglicht, die besuchte Region möglichst authentisch zu erleben (vgl. Trivago Business Blog, 2019). Diesen heißen Trend des Experience-Urlaubs haben die großen OTAs erkannt und bieten inzwsichen vermehrt maßgeschneiderte In-Destination-Erlebnisse an. Dabei handelt es sich um Angebote, die oft per Smartphone während des Aufenthalts und nicht vor Reiseantritt zu Hause gebucht werden. (vgl. Rogl, 2018)

Einer der Vorreiter auf diesem Gebiet ist Airbnb: mit ihren neuen Features Experiences und Adventures möchte die Reiseplattform diejenigen Touristen ansprechen, die ein Land oder eine Region fernab der ausgetretenen Pfade des Mainstream-Tourismus erkunden bzw. erleben möchten. Dabei bietet Airbnb nun nicht mehr nur Unterkünfte an, sondern steht als Plattform während der gesamten Reise zur Verfügung.  Für die Zielgruppe werden authentische Erlebnisse in der Urlaubsregion ermöglicht – z.B. mit der Hilfe von Volunteers, die vor Ort mit den Locals an der Entwicklung authentischer und einzigarter Experiences arbeiten – und buchbar gemacht. Auch booking.com bietet mit Booking Experiences eine Anwendung, die ein personalisiertes Reiseerlebnis ermöglichen soll. Das Tool orientiert orientiert sich an individuellen Vorlieben und liefert entsprechend maßgeschneiderte Vorschläge für Aktivitäten, Sehenswürdigkeiten etc..

Experiences im Romantischen Franken?

Airbnb hat mit seinem Projekt gezeigt, dass auch und vielleicht gerade ländliche Regionen viel Potential für Experience-Tourismus bieten. Genau diesem innovativen Trend spürt das zu Beginn des Jahres am Campus Rothenburg gestartete Projekt Connected Guest Experience unter Leitung von Prof. Carolin Durst nach. Das Projekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des mit 1,5 Mio.  EUR dotierten LIFT-Programmes als eines von nur 12 Projekten gefördert wird, findet in Kooperation mit dem Burghotel Colmberg statt. Hier sollen in Zukunft genau diese beschworenen maßgeschneiderten Guest Experiences ihren Ausgang nehmen. Gemeinsam mit lokalen Dienstleistern ist die Entwicklung von Erlebnispaketen für verschiedene Zielgruppen geplant, um sie an passenden Stellen auf der Burg Colmberg, z.B. im Sinne einer Digital Guest Experience via Medienstationen, zu kommunizieren. Die angeteasten Experiences können dann direkt vor Ort gebucht werden. Entstehen soll so eine Win-Win-Situation für Region, Dienstleister und Gäste: Nicht nur die Burg Colmberg soll von mehr und zufriedeneren Gästen profitieren – Durch die Nutzung der personalisierten Erlebnispakete soll die bisher sehr kurze durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Reisenden in der Region von 1 bis 2 Nächten generell verlängert und die Dienstleister vor Ort gewinnbringend vernetzt  und zu weiteren gemeinsamen und eigenen Aktionen ermutigt werden, was eine Stärkung für den regionalen Tourismus bedeuten würde. Die Gäste wiederum profitieren von einer besseren Experience und wirken mit ihrem Feedback in Internet sowie Erlebnisberichten im Familien- und Bekanntheitskreis positiv auf Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad der Region ein.

Mehr zum Projekt erfahren Sie hier.

Quellen:

Mood Media, 2019: Customer Experience. Trends in Hotels & Restaurants rund um die Welt.

Naujokat, T., 2017: Eine ausführliche Definition: Was ist Customer Experience Management?

Reichheld, A./Goldstein, S./Murali, R./Samotny, J., 2018: Next-gen hotel guests have checked in. The changing guest experience.

Rogl, D., 2018: Werden Experiences die neue Pauschalreise?

Trivago Business Blog, 2019: Von Ausstattung bis Technologie – die Erwartungen von Hotelgästen 2019.